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PM: FRAKTION verurteilt Einschränkung des Rederechts

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DIE FRAKTION bekommt Wort zur Tagesordnung verboten und fordert die Stadtverordnetenversammlung auf, Sitzungen nach Geschäftsordnung durchzuführen.

DIE FRAKTION verurteilt das Gebaren der Stadtverordnetenvorsteherin Hilime Arslaner-Gölbasi. Diese hat am Donnerstag dem Stadtverordneten und Vorsitzenden der FRAKTION Nico Wehnemann das Wort unrechtmäßig entzogen, als dieser sich zur Gestaltung der Tagesordnung äußern wollte. Anlass hierfür gab die Gestaltung der Tagesordnung durch die Ampel-Koalition, die unter stetem Verweis auf die Corona-Pandemie nach ihrem freien Gutdünken strukturiert wird. Hierdurch sieht DIE FRAKTION ihre Kontrollmöglichkeiten des Magistrats in der parlamentarischen Fragestunde und in der Debatte zur Aktuellen Stunde massiv beschnitten. Dies vorzutragen, wurde dem Fraktionsvorsitzende Wehnemann entgegen der Geschäftsordnung verboten.

"Frau Arslaner-Gölsbasi hat mir unrechtmäßig und in Gutsherrinnen-Manier das Wort entrissen", stellt Nico Wehnemann dar. In der Tat hatte der Stadtverordnete gemäß §32 der Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung ordentlich und schriftlich seinen Redebeitrag zum Tagesordnungspunkt 1 "Feststellung der Tagesordnung" angemeldet. Die Stadtverordnetenvorsteherin entschied jedoch willkürlich, dass die Rede inhaltlich nicht zur Tagesordnung sei und entzog dem Vorsitzenden der FRAKTION das Wort. Deshalb veröffentlicht DIE FRAKTION die Rede, die sich in der Tat um die Gestaltung der Tagesordnung durch die Ampel-Koalition im Römer dreht, nun an diesem Punkt in schriftlicher Form:

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleg:innen der demokratischen Fraktion,

ja, es ist ungewöhnlich, dass ein Mitglied der Stadtverordnetenversammlung zur Tagesordnung und ihrem Zustandekommen eine Rede hält. Aber hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Die FRAKTION aus Die PARTEI und Piratenpartei möchte alarmieren. Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass wir seit Monaten in unseren parlamentarischen Kontrollrechten durch die Mehrheitskoalition eingeschränkt werden. 

Sitzungen werden auf Wunsch der Koalition abgebrochen. Mal ist es der Koalition genehm, dass es eine Fragestunde mit aktueller Stunde gibt. Dann gibt es nur eine aktuelle Stunde und eine TO1 zur Debatte. Ein anderes Mal wird wieder nur eine Debatte von Themen auf der TO1 gestattet, weil die Koalition Anträge in der Pipeline hat, die unbedingt pressewirksam diskutiert werden müssen – wie heute zum Beispiel mit dem Tagesordnungspunkt zum Kampf gegen Rassismus. 

Dabei haben wir eine Geschäftsordnung, die klar regelt, wie eine Sitzung abzulaufen hat: In ordentlichen Sitzungen hat nach §19 eine Fragestunde mit der Möglichkeit zur Nachfrage der Fragesteller:innen stattzufinden. Nach §20 können Themen aus der Fragestunde mit aktuellem Interesse in einer anschließenden Aktuellen Stunde diskutiert werden. 

Hierbei handelt es sich um elementare Werkzeuge der Opposition, um auf Themen aufmerksam machen zu können und in den kritischen Dialog mit dem Magistrat zu treten. Denn ein schriftlicher Dialog fördert immer andere Antworten zutage, als die persönliche Befragung des Magistrats. § 50 der HGO regelt dieses Fragerecht, was zusätzlich durch unsere eigene Geschäftsordnung um das Recht der Nachfrage und Debatte in der Aktuellen Stunde ergänzt wurde. Wir halten dies für demokratisch und der Debattenkultur einer demokratischen Stadt wie Frankfurt am Main für mehr als angemessen. 

Doch geschieht dies - auch wenn es in der Geschäftsordnung festgeschrieben ist - schon lange nicht mehr. Rechtfertigt werden die ständigen Änderungen des Ablaufs der Sitzungen und die Beschneidung der Oppositionsrechte immer wieder durch die Corona-Pandemie. Dabei stützt sich die Koalition seit Monaten auf §52 der Geschäftsordnung. Dieser Paragraph besagt: 

„Die Stadtverordnetenversammlung kann durch Beschluss der Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl für besondere Einzelfälle eine von der Geschäftsordnung abweichende Verfahrensweise beschließen.“ – Für besondere Einzelfälle, meine Damen und Herren. 

Nun leben wir aber seit zwei Jahren durchgehend in einer pandemischen Lage. Und dennoch wird sich immer wieder auf den §52 der Geschäftsordnung gestützt. Die seit Monaten bestehende Situation rechtfertigt in unseren Augen jedoch nicht mehr die Begründung des "besonderen Einzelfalls". 

Es gibt geeignete Schutzmaßnahmen. Es gibt Impfungen. Es gibt zuverlässige Tests. Es gibt Masken. Die pandemische Situation ist kein Einzelfall, sondern eine seit zwei Jahren andauernde Lage. Und so entsteht der Eindruck, dass die Römerkoalition die "aktuelle Situation"  mittlerweile dazu nutzt, um Debatten abzuwürgen, die man schlicht und einfach nicht führen möchte. 

Ein Beispiel: Die Koalition beschwerte sich in der Plenarsitzung vor acht Wochen lautstark und unter Verweis auf die Corona-Pandemie darüber, dass wir eine namentliche Abstimmung über die Zurückstellung des Antrags zur Ächtung des M*- und des N*-Wortes eingefordert haben. Wir verstehen: Das Thema war der Koalition unangenehm - der Versuch, dieses Mittel der namentlichen Abstimmung als Instrument parlamentarische Kontrolle jedoch unter lautem Stöhnen und Verweis auf Corona-Pandemie zu diskreditieren, halten wir nicht für angebracht. Am Ende war es halb so wild: die namentliche Abstimmung dauerte 4 Minuten und 30 Sekunden - und Frankfurter Hobby-Virologen mutmaßen, dass sich in diesen 270 Sekunden kein Mitglied der Stadtverordnetenversammlung mit Corona infiziert hat.

Es geht uns als Oppositionsführerin mit diesem Weckruf an das gesamte Plenum nicht darum, die Entscheidungsbefugnis einer Mehrheitskoalition zu unterminieren. Wenn die Koalition sich beispielsweise eine bestimmte Sitzordnung wünscht, über die kein Konsens unter den Fraktionen hergestellt werden kann, dann bleibt uns als Fraktionen der Opposition nichts anderes übrig, als das wohl oder übel hinzunehmen. So funktionieren parlamentarische Mehrheiten nun eben. 

Wir sehen durch das Verhalten der Koalition und wiederholtes Abweichen von der Geschäftsordnung jedoch die demokratische Tradition von Fragestunde, Nachfrage und Aktueller Stunde in Gefahr. Diese Tradition halten wir für die Fraktionen der Opposition aber aufgrund ihrer hohen Sichtbarkeit für Zuschauer:innen und Presse für zentral. Deshalb appellieren wir an alle Beteiligten in dieser Stadtverordnetenversammlung, dass wir uns endlich wieder konsequent an unsere Geschäftsordnung halten und hoffen, dass wir so künftig einen äußerst wichtigen Teil unserer parlamentarischen Kontrollaufgabe wieder besser ausüben können.

Zum Schluss ein kleiner Blick zurück in die Zukunft: Am 20. März endeten die meisten Corona-Beschränkungen in ganz Deutschland. In Hessen enden die Maßnahmen nach einer Übergangsfrist zum 2. April – das ist übermorgen. Die Opposition möchte danach wieder ihre vollen parlamentarischen Kontrollrechte zurückerhalten. Wenn Stadtverordnete mit 25.000 Anderen ein Fußballspiel bei der Eintracht schauen können, ohne sich Sorgen um eine Corona-Infektion zu machen, dann halten wir es für demokratisch und allen Mandatsträger:innen zumutbar, eine vollständige Stadtverordnetenversammlung gemäß unserer Geschäftsordnung durchzuführen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

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